Sonnensystem

Erster Nachweis einer Aurora auf dem Neptun

James-Webb-Teleskop spürt Polarlicht-Emissionen beim Eisriesen auf

Neptun mit Aurora
Das James-Webb-Teleskop zeigt erstmals, dass auch der Neptun Auroren hat. Sie sind im rechten Bild als türkisfarbene Flecken zu erkennen. © NASA/ESA/CSA, STScI, Heidi Hammel (AURA), Henrik Melin (Northumbria University), Leigh Fletcher (University of Leicester), Stefanie Milam (NASA-GSFC)

Endlich entdeckt: Nach jahrzehntelanger Suche haben Astronomen erstmals Polarlichter auf dem Neptun nachgewiesen – und damit eine große Lücke der Planetenforschung geschlossen. Die mit dem James-Webb-Teleskop aufgespürten Neptun-Auroren leuchten im Nahinfrarot und werden von angeregtem Wasserstoff verursacht. Anders als bei andern Planeten liegt die Aurora-Zone des Neptun aber nicht in seinen Polargebieten, sondern in mittleren Breiten. Ursache dafür ist das ungewöhnliche Magnetfeld des fernen Eisriesen.

Polarlichter gibt es nicht nur auf der Erde: Auch auf anderen Planeten des Sonnensystems wie Mars, Jupiter, Saturn und Uranus haben Astronomen schon Auroren nachgewiesen. Sie entstehen, wenn energiereiche Teilchen des Sonnenwinds mit den Magnetfeldern und den geladenen Teilchen der planetaren Atmosphäre interagieren. Während irdische Polarlichter vor allem durch beschleunigte Elektronen ausgelöst werden, ist bei anderen Planeten meist protonierter Wasserstoff in Form des Trihydrogenium-Kations (H3+) der Polarlicht-Auslöser.

Neptin im Nahinfrarot
So sehen der Neptun und seine Ringe im Nahinfrarot aus, aufgenommen von der Nahinfrarotkamera NIRCAm des James-Webb-Teleskops. © NASA/ESA/CSA, STScI

Lücke beim Neptun

Doch bei einem Planeten scheiterten bisher alle Versuche, ein Polarlicht nachzuweisen: dem Neptun. „Trotz wiederholter Versuche und Modellen, nach denen es protoniertem Wasserstoff auf dem Neptun geben müsste, gelang dies nicht“, erklären Henrik Melin von der Northumbria University in England und seine Kollegen. Die NASA-Raumsonde Voyager-2 hatte bei ihrer Neptun-Passage im Jahr 1989 zwar schwache Hinweise auf überschüssige UV- und Radiostrahlung auf der Nachtseite des Planeten gefunden. Eindeutig war dies aber nicht.

Deshalb haben Melin und sein Team den Neptun nun noch einmal mit dem James-Webb-Teleskop ins Visier genommen. Sie nutzten das NIRSpec-Spektrometer, um den Planeten im nahinfraroten Wellenlängenbereich zwischen 2,87 und 5,27 Mikrometern zu untersuchen. In diesem Spektralbereich müssten die Emissionen einer H3+-Aurora liegen.

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Eindeutige Aurora-Signatur im Spektrum

Und tatsächlich: Im Spektrum des Neptuns zeigten sich auffallende Peaks an genau den Stellen, die die Präsenz angeregter Trihydrogenium-Kationen anzeigen. Parallel dazu zeigten die Nahinfrarotaufnahmen der Webb-Kamera helle Flecken an den Stellen des Planeten, von dem diese Emissionen ausgingen. „Das Detail und die Deutlichkeit der Spektralsignatur hat mich wirklich geschockt“, sagt Melin. „Es war erstaunlich, diese Auroren zu sehen.“

Die neuen Daten zeigen aber auch, warum das Neptun-Polarlicht so schwer aufzuspüren war. Die Emission des protonierten Wasserstoffs ist nur im Nahinfrarot und nur mit besonders sensitiven Detektoren nachweisbar. „Nur mit einem Instrument wie dem Webb-Teleskop konnten wir daher diese Bestätigung erhalten“, erklärt Koautorin Heidi Hammel von der Association of Universities for Research in Astronomy (AURA) in Washington.

Aurorazonen auf dem Neptun
Die gelb-orangen Zonen zeigen die Lage der Neptun-Auroren. Die Konturlinien deuten die Magnetfeldstärken in der Ionosphäre an. © Melin et al./ Nature Astronomy, CC-by 4.0

In mittleren Breiten statt am Pol

Anders als bei der Erde und anderen Planeten leuchten die Polarlichter des Neptun aber nicht in seinen geografischen Polarregionen. Stattdessen treten seine Auroren in den mittleren Breiten des Eisriesen auf – weit von seinem geografischen Nord- und Südpol entfernt. Die Astronomen lokalisierten die Neptun-Auroren unter anderem in einem Gebiet zwischen 30 und 60 Grad südlicher Breite und 200 bis 280 Grad westlicher Länge.

Der Grund dafür ist das ungewöhnliche Magnetfeld des Neptun. Dieses besitzt nicht zwei, sondern vier Pole und ist um rund 47 Grad gegen die Rotationsachse des Planeten geneigt. Dadurch sind auch die magnetischen Pole gegenüber den geografischen versetzt. Die Zone, in der wegen der zur Planetenoberfläche führenden Magnetfeldlinien Polarlichter entstehen, liegt daher beim Neptun in mittleren Breiten – dort, wo nun Melin und sein Team die Aurora-Emission nachgewiesen haben.

Rasante Abkühlung mit rätselhafter Ursache

Interessant auch: Die neuen Daten zeigen, dass sich die obere Atmosphäre des Neptuns seit dem Vorbeiflug von Voyager-2 drastisch abgekühlt hat. „Ich war überrascht: Sie ist um mehrere hundert Grad kälter als noch 1989“, berichtet Melin. Während Voyager noch eine Temperatur von rund 750 Kelvin maß, liegen die aktuellen Werte bei 358 Kelvin – nur noch gut halb so hoch wie vor 36 Jahren. „Die Ionosphäre es Neptun ist damit kälter als die des Jupiter und Saturn und auch die des Uranus“, berichten die Astronomen.

Aber warum? Bisher können die Astronomen darüber nur spekulieren. Klar scheint nur, dass die Jahreszeiten des Neptun wahrscheinlich nicht die Ursache sind. Denn im Vergleich zur 165 Jahre dauernden Umlaufzeit des Neptuns um die Sonne ging die Abkühlung der Neptunatmosphäre zu schnell. Auch der Sonnenzyklus von elf Jahren passt zeitlich nicht ins Bild. „Die Ursache für dieses Phänomen bleibt vorerst ungeklärt“, schreiben Melin und seine Kollegen. (Nature Astronomy, 2025; doi: 10.1038/s41550-025-02507-9)

Quelle: Space Telescope Science Institute, Nature Astronomy

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